Vergriffene Bücher
Kurt Salterberg
Kurt Salterberg
Kurt Salterberg
Als Soldat in der Wolfsschanze
Titel: | Kurt Salterberg |
Untertitel: | Als Soldat in der Wolfsschanze |
ISBN: | 978-3-86933-165-2 |
Format: | 17 x 24 |
Bindung: | Hardcover, fest gebunden |
Anzahl der Abbildungen: | 68 Abbildungen |
Artikelnummer: | 105-386-00 |
Verlag: | Helios-Verlag |
Seitenzahl: | 111 |
Beschreibung:
Kurt Salterberg: Immer wieder werde ich gebeten, über meine Militärzeit im Zweiten Weltkrieg, der am 1. September 1939 begann und am 8.Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation offiziell endete, und über die Wochen danach, zu berichten. Besonders aber auch über die Zeit, in der ich im FHQ (Führerhauptquartier) Wolfsschanze bei Rastenburg/Ostpreußen als Hitlers Wachsoldat diente. Als Augen- und Zeitzeuge habe ich dort das leider misslungene Attentat auf Adolf Hitler, vom 20. Juli 1944 in der Lagebaracke im FHQ von meinem nahegelegenen Wachposten aus miterlebt und kann darüber berichten.
Am 20. Juli 1944 hatte der geheime Widerstandskämpfer Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg versucht, Hitler durch einen Sprengsatz zu töten. Hitler überlebte das Attentat, weil die Aktentasche mit der präparierten Bombe nicht an dem von Stauffenberg vorberechneten Platz stehen blieb, sondern ungünstig weiter entfernt von Hitler, platziert wurde. Schon viermal nach dem Kriege habe ich die wunderschöne masurische Landschaft, die mich immer wieder begeistert, besucht. Natürlich suche ich dann auch das Gelände der ehemaligen Wolfsschanze auf, das heute in Polen wegen seiner riesigen Trümmerbrocken zur touristischen Attraktion geworden ist. Nach dem verlorenen Krieg wurde die Kreisstadt Rastenburg zur polnischen Stadt Ketrzyn umbenannt. Jedes Mal wurde ich von meinen Reisebegleitern oder auch von den dortigen Touristenführern, die mich teilweise kennen, gebeten, ihren Gruppen über meine Zeit als Soldat zu berichten, und meine Ortskenntnisse einzubringen. Über die Hintergründe der Kriegsführung Hitlers wurde ich als junger Soldat leider nie angemessen aufgeklärt. Als Soldat hatte ich Hitler durch meinen Eid unbedingten Gehorsam geschworen. Ich musste den Kommandos meiner Vorgesetzten gehorchen. Während des Krieges, im gefährlichen Fronteinsatz, hatte ich auch kaum Zeit über den Sinn oder Unsinn der Befehle nachzudenken. Nach den erbitterten Kämpfen im eisigen Winter 1942/43 an der Ostfront und dem großen Leid, das ich dort täglich miterlebt hatte, war ich zufrieden, im FHQ in einer ordentlich organisierten Wehrmachtseinheit dienen zu können. Als junger Soldat hat mir die Anlage, wie wir das FHQ nannten, sehr imponiert. Von einer Bedrohung durch den Feind war im FHQ zunächst noch nichts zu spüren. Doch am 20. Juli 1944 erlebte ich als Wachsoldat in unmittelbarer Nähe das Attentat auf den Führer Adolf Hitler mit. Ich selbst hatte den geheimen Widerstandskämpfer Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg an meiner Wache passieren lassen. Am 20. Juli 1944 kam er mit Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, in einer Gruppe von Offizieren, um an einer Lagebesprechung teilzunehmen. Keitel zeigte mir wie stets, schon aus etwa drei Meter Entfernung seinen gültigen Dauerausweis, danach konnte die gesamte 6 Gruppe den inneren Sperrkreis 1a betreten. Von Stauffenberg war kurzfristig zum Stabschef des Allgemeinen Heeres im Berliner Bendler-Block ernannt worden, wodurch er Zugang zu der Lagebesprechung im Führerhauptquartier hatte.
Die letzten Monate des Krieges verbrachte ich, wegen eines Lungendurchschusses im Kampf um Lauban (Niederschlesien) an der Ostfront, in verschiedenen Lazaretten. Nach dem Ende des Krieges war für mich und viele Soldaten, die Ungewissheit groß darüber, was die vier Siegermächte, nach Deutschlands verlorenem Krieg, noch mit uns vorhatten. Deutschland war in vier Besatzungszonen aufgeteilt worden: Die vier Siegermächte waren USA, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien. Nach meiner glücklichen Heimkehr in die Heimat, in das Dorf Pracht bei Hamm an der Sieg, wollte ich vom Krieg und vor allem von dem, niemals so vorgestellten, grauenhaften Erlebten, nichts mehr sehen und hören. Erst 40 Jahre später wurde in mir die bewusst verdrängte Erinnerung an diese Zeit nochmals wachgerufen. Das war 1984, zum vierzigsten Jahrestag des 20. Juli 1944. Damals stand in unserer Rhein-Zeitung, das ‘ZDF’ suche Zeitzeugen zu diesem Ereignis. Ich rief beim ZDF an, hatte aber das Gefühl, dass ich zunächst gar nicht ernst genommen wurde. Doch am gleichen Tage, abends, rief mich Guido Knopp, ein deutscher Journalist, Publizist und Moderator beim ‘ZDF’, persönlich zurück und sprach recht lange mit mir. Guido Knopp ist vor allem für seine Auseinandersetzung mit zeitgeschichtlichen Themen bekannt. Wir hatten ein sehr interessantes Gespräch. Danach schickte Herr Knopp einen seiner Mitarbeiter, Herrn Piekowiak, zu mir nach Hause. Auch dieser unterhielt sich sehr lange mit mir über das Thema 20. Juli 1944. Tage später besuchte mich dieser Mitarbeiter nochmals. Er hatte einen Lageplan der Wolfsschanze dabei, hielt immer die Hälfte mit den Erklärungen zu, und ich musste dann die Gebäude und Bereiche benennen und viele Details dazu erklären. Die genaue Überprüfung meiner Angaben erfolgte aus folgenden Gründen: Am 25. April 1983 präsentierte der Stern in seinem Magazin in Hamburg, die von Konrad Kujau gekauften, angeblich originalen ‘Hitler-Tagebücher’. Doch einige Zeit später stellte sich heraus: Die Bücher sind eine Fälschung, denn Kujau hatte diese selbst angefertigt. Um nicht ebenfalls einem Schwindler auf den Leim zu gehen, wurden meine Schilderungen über die Wolfsschanze von Guido Knopp genauestens überprüft. Seitdem haben das ‘ZDF’ und weitere Filmstudios immer mal wieder mit mir Aufnahmen und Aufzeichnungen über meine Kriegserlebnisse gemacht. Auf Grund dieser Aufnahmen und der Berichte im Internet und in den Tageszeitungen wurde ich in der Folgezeit bis heute zu Vorträgen und Interviews, überwiegend von Schulen, Vereinen und sonstigen Körperschaften eingeladen. Ich erfahre bei meinen Vorträgen mit anschließenden Diskussionen immer wieder, dass die meisten jüngeren Leute, die mit den derzeitig angebotenen Medien vertraut sind, sich die Zeit in der ich aufwuchs, der Armut und die Ahnungslosigkeit in Bezug 7 auf Politik und Weltgeschehen, mangels Aufklärung und nicht greifbarer Literatur, gar nicht so richtig vorstellen können. In meiner Jugendzeit waren für mich die heutigen medialen Möglichkeiten, wie Fernsehen, Internet und internationale Vernetzung, auf die heute jeder interessierte Benutzer zurückgreifen kann, noch völlig unbekannt. Gegen das Vergessen und auch um der Jugend begreiflich zu machen was Krieg bedeutet, bin ich trotz meiner 93 Jahre immer wieder bereit, bei Anfragen über diese Zeit zu sprechen, Vorträge zu halten und mich jeder Diskussion zu stellen. Mein Appell an die Jugend ist: „Zeigt Zivilcourage!“ In meinem langen Leben habe ich sowohl zeitgeschichtliche, wie auch entwicklungstechnische große Veränderungen erfahren, die ich mir in meiner Jugend und in meiner Fantasie manchmal ausgedacht habe, aber in solchem Ausmaß nie erwartet hatte. Nachdem ich mit der Fotojournalistin Ute Jape das Gebiet um die Masurischen Seen und die touristische Attraktion, die riesigen Trümmerreste der Gebäude des einstigen Führerhauptquartiers Wolfsschanze die völlig verbuschte und verwüstete Anlage des Hindenburg-Denkmal-Geländes bereist hatte, und Ute Jape alles fotografierte, haben wir, mit mir als Zeit- und Augenzeuge, in Text und Bildern mein Leben nun dokumentiert.
Pracht, im April 2016 Kurt Salterberg